Man nennt ihn die vierte industrielle Revolution oder kurz „Industrie 4.0“: Der Megatrend krempelt gerade die Industrie um. Nach Dampfmaschine, Fließband und Elektronik sind diesmal die Vernetzung der Geräte, die Analyse riesiger Datenmengen und der Einsatz von smarten Robotern die wichtigsten Treiber.
So wie Elektrizität vor hundert Jahren in die Fabriken einzog, sind es nun die Datennetze. In den kommenden Jahren werden sie die Art verändern, wie wir Dinge herstellen und konsumieren. Sogar die globale Arbeitsteilung steht auf dem Prüfstand. Warum das so ist und was Experten für die Zukunft der Industrie prognostizieren.
Die Maschinen übernehmen
Ein Gerät, das Dinge fabriziert: Davon träumen Technik-Nerds seit der Replikator in der Science-Fiction-Serie Stark Trek das Konzept populär gemacht hat. Inzwischen sieht es danach aus, dass die Fiktion Schritt für Schritt Realität wird.
Die 3-D-Drucker erobern den Massenmarkt. Bis zum Jahr 2020 wird der Umsatz mit der Technik weltweit auf 35 Milliarden Dollar steigen. Und das dürfte nur der Anfang sein. Denn die Maschinen werden Jahr für Jahr schneller. Und sie können inzwischen dutzende Materialien verarbeiten und kombinieren - Keramik, Kunststoff, ja sogar Holz.
Erstens ermöglicht das die Produktion on demand: Autohersteller wie Daimler sind an der Technik interessiert, weil sie damit unter anderem die Produktion von Ersatzteilen umkrempeln können. Statt jahrelang für jedes Modell Teile teuer zu lagern, können sie nun vor Ort und nach Bedarf herstellen. Sogar Oldtimer lassen sich so mit passenden Teilen renovieren.
Zweitens lassen sich Produkte per 3-D-Druck maßschneidern. Anbieter wie Shapeways drucken Schmuck und vieles mehr auf individuelle Bestellung. Mit spezieller Software kann jeder seine 3-D-Modelle erstellen und an den Druckdienstleister schicken. Das Isala-Krankenhaus in der niederländischen Stadt Zwolle druckt demnächst sogar die Mahlzeiten seiner Patienten - um jedem die perfekte Nährstoffmischung zu bieten.
Drittens macht 3-D-Druck die Produktion hyperlokal. Anstelle großer Fabriken mit Industriefräsen reicht eine Maschine von der Größe einer Kühltruhe, die praktisch überall Platz findet. Allein in New York gibt es mehr als 500 3-D-Druck-Dienstleister. Statt in China bestellen wir also künftig Spielzeug und Co. beim Laden neben dem Chinaimbiss.
Aufmarsch der Roboter
Auch Roboter halten zunehmend Einzug in die Fabriken. Und das ist vielseitiger Form: Als Lieferroboter, die Transportaufgaben übernehmen. Als helfende Hand, die Produkte in Kartons verpackt. Oder als Roboterarm, der Maschinen bestückt und langweilige, schmutzige und gefährliche Jobs übernimmt.
Jede vierte Aufgabe in der Industrie wird im Jahr 2025 von cleveren Maschinen übernommen, so die Prognose der Boston Consulting Group (BCG). Mit vernommen Konsequenzen: Die Arbeitskosten werden in Deutschland um 21 Prozent sinken. Die Industrie steht vor einem enormen Produktivitätsschub.
Jede vierte Aufgabe in der Industrie wird im Jahr 2025 von cleveren Maschinen übernommen, so die Prognose der Boston Consulting Group (BCG). Mit vernommen Konsequenzen: Die Arbeitskosten werden in Deutschland um 21 Prozent sinken. Die Industrie steht vor einem enormen Produktivitätsschub.
Deutsche Fabriken werden produktiver
Industrie 4.0, die schlaue Vernetzung der Maschinen, wird einen massiven Produktivitätsschub auslösen. Davon gehen Forscher der DZ Bank aus. Schon bis 2025 wird die deutsche Industrie dank vernetzter Maschinen, Robotern und 3-D-Druck im Schnitt 11,5 Prozent produktiver fabrizieren.
Am meisten profitieren die Chemieindustrie und der Maschinenbau. In diesen Branchen wird der Produktivitätszuwachs laut der Prognose sogar 30 Prozent betragen. Die Autofertigung wird immerhin um 20 Prozent effizienter, die IT-Branche um 15 Prozent. Gut für den Standort - und gut für die Konsumenten, denn Produkte können dadurch preiswerter werden.
Was aber bedeutet das für Arbeitsplätze? Immer öfter warnen Experten vor einer neuen Welle der Arbeitslosigkeit, ausgelöst durch künstliche Intelligenz und Roboter. Die sollen uns zunehmend Aufgaben abnehmen, weil sie im Eiltempo schlauer werden. Bis zu 47 Prozent aller Stellen in den USA seien mittelfristig gefährdet, sagt eine Studie der Universität Oxford voraus.
Für das verarbeitende Gewerbe allerdings sind solcher Horrorszenarien vermutlich verfrüht. In den vergangenen Jahren sind die Stellen in dem Sektor spürbar gestiegen. Der Trend zur Industrie 4.0 wird daran nicht viel ändern. Davon gehen jedenfalls Experten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg aus.
Wo die Maschine den Mensch ersetzt
Über die Liste
Transportwesen/Personenverkehr
Transportwesen/Güterverkehr
Finanzwesen
Industrie und Produktion
Gesundheitswesen
Dienstleistung allgemein
Landwirtschaft
andere Bereiche
Ihre Prognose: Bis 2030 werden zwar 490.000 Stellen in der Industrie wegfallen. Aber dafür werden auch 430.000 neue Stellen geschaffen: Jobs, die nur in Zusammenarbeit mit neuen Robotern möglich sind. Gabelstapler-Fahrer werden zum Beispiel IT-Fachleuten weichen, die in Warenlagern intelligente Flurförderfahrzeuge programmieren.
Netto fallen also nur 60000 Arbeitsplätze weg. Allerdings: Vor allem gering qualifizierte Jobs sind in Gefahr, die neuen Jobs sind vor allem für Fachkräfte. Und die sind in Deutschland heute schon knapp. Bildung und Weiterbildung werden also umso wichtiger.
Netto fallen also nur 60000 Arbeitsplätze weg. Allerdings: Vor allem gering qualifizierte Jobs sind in Gefahr, die neuen Jobs sind vor allem für Fachkräfte. Und die sind in Deutschland heute schon knapp. Bildung und Weiterbildung werden also umso wichtiger.
Fabriken wandern zurück in die Heimat
Made in USA - das ist ein gewaltiger Slogan, der in den USA viele Menschen bewegt. Allein die Handelskette Walmart will bis 2023 Waren im Wert von 250 Milliarden Dollar aus den USA ordern statt bisher aus dem Ausland. Die Hoffnung: Dank Automatisierung wird der Standort wieder wettbewerbsfähig - und Fabriken, die nach Asien abgewandert sind, kehren zurück. Mit ihnen hoffentlich auch die Jobs.
In einer Befragung der Boston Consulting Group unter Konzernen in den USA mit mindesten einer Milliarde Dollar Umsatz gaben 17 Prozent der Befragten Unternehmenschefs an, heute schon Produktion zurück in die Heimat zu verlagern. 53 Prozent gaben an, darüber nachzudenken oder sich vorstellen zu können, diesen Schritt in näher Zukunft zu erwägen.
Forscher des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe beobachteten bei einer großen Umfrage unter Industriebetrieben in Deutschland schon einen Trend zur Rückverlagerung. Steigende Löhne sind nur ein Grund von vielen. Viel wichtiger ist, dass sich die Art, wie wir Dinge herstellen, komplett verändern wird.
Die Fabrik der Zukunft, so das Versprechen gleicht mehr einem Roboter-Park, der Produkte individuell für jeden Kunden fertigen kann - und dabei weniger Energie verbraucht und kaum noch Schmutz erzeugt. Fabriken wandern sogar wieder mitten in die Stadt.
No comments:
Post a Comment